Onlinemeeting der Anonymen Alkoholiker

Hallo! Schön, dass Du da bist Seite 2

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Dennoch ging sie ganz bewusst fast täglich dort einkaufen, um wenigstens ab und an etwas Nettes zu hören. Der Vormittag verging wie immer: weder im Fluge, noch ereignisreich. Wenigstens das Wetter schien sich heute mal von seiner besten Seite zu zeigen. So schnappte sich Melissa ihr Obst und begab sich zum nahe gelegenen Park, um dort in Ruhe ihre Mittagspause zu verbringen. Aber nichts da, von wegen Ruhe: alle Kinder und Hunde dieser Stadt schienen sich heute mal wieder hier verabredet zuhaben.
Aber nun gut, heute gab es jedenfalls Äpfel, Ananas und Bananen. Melissa ernährte sich schon seit Jahren überwiegend von Früchten und Gemüse. Doch was hatte es ihr gebracht? Außer ein paar Kilo und zwei Kleidergrößen weiniger rein gar nichts. Gut, sie war kaum noch krank. Außer im Kopf, wie sie sich ganz sicher war.
Sie war gerade im Begriff, in einen leckeren Apfel zu beißen, als sie unverhofft angesprochen wurde:  "Schön, dass Du da bist."

Was hatten diese wohltuenden Worte hier außerhalb des Gemüseladens zu suchen? Verwundert schaute Melissa auf und blickte in die strahlenden Augen eines ungefähr achtjährigen Mädchens.
"Darf ich mich zu dir setzen?"
Das Mädchen setzte sich neben Melissa auf die Bank, ohne die Antwort abzuwarten. Merkwürdig, wie kam ein fremdes kleines Fräulein dazu, ihr solch herrliche Worte zu sagen?

"Wieso freust du dich darüber, dass ich da bin?" Melissa hielt noch immer den Apfel in der Hand.
"Nun, wieso nicht?" antwortete die Kleine ganz selbstverständlich.
"Nun, also, weil..., ich meine..., na ja, ich weiß auch nicht. Ja wieso eigentlich nicht?"
Belustigt über ihre eigene Unbeholfenheit verirrte sich doch tatsächlich ein Lächeln auf Melissas Gesicht.
"Möchtest du einen Apfel?"
"Ja gerne."
Während die Kleine mit offensichtlicher Begeisterung in den Apfel biss, suchte Melissa nach den richtigen Worten. Sie spürte die Freude und die Herzlichkeit, die dieses Mädchen ausstrahlte.
"Sag mal, freust du dich über jeden Menschen, den du triffst?"
"Na klar" kam es etwas undeutlich aus einem mit Apfel gefüllten Mund.
"Kannst du mir das etwas genauer erklären?"
Der Blick auf die Uhr verriet Melissa, dass sie eigentlich nicht mehr viel Zeit hatte. Doch irgendetwas aus ihrem tiefsten Inneren hielt sie gerade fest an diesem Ort.
"Als ich noch ganz klein war, schenkte mir meine Mutti einen Spiegel. Sie sagte mir, ich solle jeden Morgen gleich nach dem Erwachen in diesen Spiegel hinein schauen und "Schön, dass Du da bist" sagen. Als ich sie fragte, warum ich das denn tun solle, meinte sie nur: "Wenn du das bis zum Rest deines Lebens tust, wirst du nicht nur einen tollen Tag, sondern auch ein ganz, ganz schönes Leben haben". Genauso hat sie es gesagt."