Onlinemeeting der Anonymen Alkoholiker

Hallo! Schön, dass Du da bist


Hallo! Schön, dass ss Du da bist!

Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Na ja - nicht immer. Jedenfalls nicht für Melissa, als sie an diesem Morgen schlaftrunken wie immer ins Bad torkelte und nicht die leiseste Ahnung davon hatte, wie sich ihr Leben in den nächsten Stunden verändern würde. Der Blick in den Spiegel offenbarte ihr wie jeden Tag einen Mangel an Schlaf und posaunte ihr dazu auch noch eindeutig ihre frostige Laune entgegen.
"Na toll, wieder so ein Montag, den kein Mensch braucht."
Begleitet von solch aufbauenden Worten stieg sie lustlos und demotiviert in die Dusche und ließ das heiß-warme Wasser über ihren Körper fließen. Das war es also für heute, das Highlight des Tages. Melissa hasste ihren Job und konnte sich dennoch nicht von ihm lösen. Sie brauchte das Geld. Aber es war ja nicht nur die Arbeit. Seit einigen Wochen ereignete sich eine Unannehmlichkeit nach der anderen. Kaum hatte sie sich z.B. zum Essen hingesetzt, klingelte hartnäckig das Telefon. Sie war zwar schon so schlau gewesen, den Stecker heraus zu ziehen, doch dann klingelte es an der Haustür oder das Leben ließ sich etwas anderes einfallen, um ihr den Tag noch mehr zu vergällen.
Auf der Arbeit schien kaum jemand Notiz von ihr zu nehmen, außer vielleicht ihr Chef, wenn es mal wieder etwas zu kritisieren gab. War sie einmal unterwegs, um bei den Kollegen eine hilfreiche Antwort auf ein Problem zu ergattern, wurde sie immer nur wie ein Störenfried behandelt.

Na danke! Dass irgendetwas mit ihrem Selbstwertgefühl nicht stimmen konnte, war ihr schon eine Zeit lang klar. Ein Psychotest in irgendeiner Frauenzeitschrift hatte ihr dies auch noch einmal eindeutig bestätigt.
Sie hatte daraufhin sogar einen Kurs in der Volkshochschule gebucht: "Verbessere Dein Selbstwertgefühl". Als sie dort am ersten Abend erschien, wurde ihr mitgeteilt, dass der Kurs aufgrund einer ernsthaften Erkrankung der Leiterin erst im Herbst stattfinden würde. Nun war eindeutig klar, dass das Leben etwas gegen sie hatte. Schemenhaft huschten diese Ereignisse durch ihren Kopf, noch während sie sich auf den Weg zur Arbeit machte.
Bei ihrem Gemüsehändler ein paar Straßen weiter machte sie einen kurzen Halt, um sich ihr Obstfrühstück zu besorgen. "Schön, dass Sie wieder da sind, Fräulein Melissa." Er nannte sie immer etwas altmodische Fräulein Melissa. Bei ihrem ersten Einkauf hatte er sie freundlich nach ihrem Vornamen gefragt. Auf ihre Frage, wozu er dies denn wissen wolle, hatte er geantwortet: "Na ja, so ein schönes und liebenswertes Fräulein wie Sie sollte einen Namen haben und nicht einfach nur "guten Tag" heißen."
Sie und schön, haha und von wegen liebenswert. Dessen ungeachtet hatte sie sich kurzfristig für etwas Besonderes gehalten, bis sie feststellte, dass der gute Mann alle seine Kunden so freundlich behandelte. "Nichts als Taktik, um das Geschäft anzukurbeln."