Onlinemeeting der Anonymen Alkoholiker

Mein Name ist Ulli, ich bin Alkoholiker - Seite 3


Doch dann kam der zweite Teil des ersten Paragraphen: Mein Leben nicht mehr meistern können. Damit hatte ich zunächst Schwierigkeiten. Ich ging doch zur Wache und verdiente das monatliche zum Leben benötigte Geld.... Nach der erfolgten und vor allem gründlicher Inventur, sah das Ergebnis jedoch anders.
Meine Kollegen hatten mich zum Schluss durchgezogen. Mein Leben meistern ohne richtig schreiben zu können? Dazu folgendes: Ich war im Entzug, brauchte also dringend Alkohol, und musste etwas notieren, um eine Anzeige zu schreiben. Ich brachte es nicht fertig die Worte klar ins Notizbuch zu bringen. Meine Hände versagten, sie konnten nicht ausführen, was der Kopf ihnen sagen wollte.
Ein anderes Mal fand ich eine Tankquittung in meinem Notizbuch und wusste nichts damit anzufangen. Ich wollte sie schon wegschmeißen, da konnte ich über einige Umwege ermitteln, dass ich eine Anzeige wegen Tankbetrug aufgenommen habe. Ich habe meine Kollegen durch meine Trinkerei gefährdet. Als ein gleichwertiger Kollege der seinen Partner schützt, konnte ich nicht mehr angesehen werden. Von meinen privaten Problemen mit meiner Frau ganz zu schweigen. Und da, da konnte ich mir auch den zweiten Teil des § 1 eingestehen: Ich konnte mein Leben nicht mehr meistern.Nach der Beendigung meiner Therapie ging ich wieder zur Wache, wo ich auch heute noch Dienst versehe. Natürlich wurde ich nicht mit offenen Armen empfangen - hatte ich das Vertrauen der Kollegen doch zu oft und zu gründlich missbraucht. Ich habe dann einen weiteren Paragraphen angewandt, die Wiedergutmachung. Ich habe mit meinen Kollegen das offene Gespräch gesucht und mit ihnen über die Krankheit gesprochen, ihnen meine Einsicht mitgeteilt. Ich habe mich für mein Fehlverhalten entschuldigt. Zweifel an mir blieben natürlich, doch mehr als die Entschuldigung und ein trockenes Leben bzw. Vorleben konnte ich ihnen als Wiedergutmachung nicht anbieten oder geben.

Es hat ca ½ – 1 Jahr gedauert, bis mich meine Kollegen wieder akzeptierten, wieder unbefangen und frei mit mir gesprochen haben, bis auf einen Kollegen. Er ließ nicht mit sich sprechen. Er konnte mir nur sehr schwer verzeihen. Dies gelang mir schließlich nur durch meine langjährige Trockenheit und der Tatsache, das ich Donnerstag für Donnerstag nach Berleburg zur Gruppe fahre und meine Krankheit Alkoholismus sehr ernst nehme. Heute funktioniert das „normale“ Leben auf der Wache wieder einwandfrei.
Ich habe mir trotz allem aber nicht alles auf der Wache gefallen lassen. Gab es Unstimmigkeiten wegen z.B. der Dienst- oder Urlaubsplanung, so habe ich schon meinen Standpunkt vertreten, sowohl gegenüber meinen Streifenkollegen als auch meinem Chef. Ich will an dieser Stelle noch zwei Geschichten mit meinem Chef erzählen. Wir hatten Donnerstags im Spätdienst einen Engpass. Ein Kollege war zu wenig um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten. Da noch zwei weitere Kollegen ebenfalls im dienstfrei standen, weigerte ich mich, auf mein dienstfrei mit dem Hinweis auf die Gruppe zu verzichten. Mein Chef versuchte mich unter Druck zu setzen.