Ich konnte nun mit meinen
Fußballkollegen, Freunden und wer weiß noch mit wem, Alkohol
trinken. Als ich dann mitbekam, dass ein Kollege schon während
des Dienstes Alkohol trank, war das für mich ein gefundenes
Fressen. Natürlich nahm ich nun auch schon während des Dienstes
Alkohol zu mir. War ich nicht auf einer tollen Dienstschicht
gelandet? Meinen Kollegen fiel dies natürlich auf, aber sie
schwärzten uns bzw. mich nicht an.
Unser Chef, ein vielbeschäftigter
Mann, bekam von alledem nichts mit. 1989 bauten meine Frau und
ich unser Haus. Nun konnte ich auch noch mit den Arbeitern
Alkohol trinken – war das nicht klasse?
Ein halbes Jahr, bevor ich im
November 1992 alkoholisiert im Dienst auffiel, starb mein
Kollege. Er hatte, im Gegensatz zu mir, sein Problem erkannt
und eine Therapie angetreten, zu deren Beginn er an einem
Herzinfarkt starb. Nun war mir kein Kollege mehr auf der Wache
gut gesonnen. Wegen meines Alkoholmissbrauchs mieden sie mich
und mein Trinken wurde schließlich schlimm – die Flasche war
mein bester Kollege. Es war von da an nur noch eine Frage der
Zeit, bis mich irgendein Kollege meldete oder ich besoffen
auffiel, was ja dann auch am 28.11.1992 geschah..
Mein Chef machte damals unwissend
alles richtig. Ich selbst musste mich um alles kümmern, ich
selbst, und niemand anders, musste für mich sorgen. Ich musste
meinen Hintern bewegen, um Hilfe zu bekommen, Hilfe für oder
gegen meine Alkoholkrankheit. Zusammen mit meiner Frau, sie
hielt trotz allem noch zu mir, sorgten wir (Meine Frau hat mich
unterstützt) für meine erste Entgiftung im Krankenhaus von Bad
Berleburg.
Anschließend fuhr ich zum
Polizeiarzt und erzählte ihm von Anfang bis Ende alles. Der Doc
leierte schließlich eine Therapie an. Doch kurz vor Beginn der
Therapie brach ich mir den Arm, eine Folge meines
Alkoholmissbrauchs. Beim Wurf eines Schneeballs brach ein
Winkel aus dem Oberarmknochen heraus. Ob ich zuvor im
betrunkenen Zustand auf den Arm gefallen oder ob meine Knochen
durch den Alkoholmissbrauch mürbe geworden waren, ich weiß es
nicht, es ist mir aber auch heute egal.
So wurde meine Therapie um zwei
Monate verschoben und ich trank noch einmal schlimm. Mein
O.-Ton damals: „Ich will allen zeigen, dass ich kontrolliert
trinken kann.“ Quatsch sage ich heute, ich wollte nur noch
einmal trinken, denn alle waren ja dabei, mir mein geliebtes
Spielzeug weg zu nehmen. Es war wie immer, die anderen waren
schuld, dass es mir schlecht ging, denn ich hatte ja nichts
gemacht, lediglich etwas zu viel getrunken.
Natürlich merkte mein
Polizeiarzt, dass ich wieder trank und er steckte mich vor
meiner Therapie noch einmal zur Entgiftung ins
Krankenhaus.
Meine Therapie im Jahr 1993 nahm
ich sehr ernst, nur machte ich den Fehler alles auf einmal
erreichen zu wollen, nicht in kleinen Schritten. Als ich das
erkannte, wurde ich ruhiger und durfte kapitulieren. Ich durfte
den § 1 anerkennen. Der § 1 der Anonymen Alkoholiker lautet:
Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos waren,
und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
Ich war dem Alkohol gegenüber machtlos. Das konnte ich Dank vieler Gespräche und meiner Inventur einsehen und auch für mich akzeptieren. Folgendes Beispiel hat mir dabei wesentlich geholfen. Ich sah mich als ein Boxer, der gegen Henry Maske anzutreten hatte. Nach zahlreichen Niederschlägen sagte Henry zu mir: „Warum gibst Du nicht auf? Ich bin stärker als Du. Du kannst nur verlieren.“ So war es auch mit dem Alkohol. Trotz des festen Vorsatzes nur etwas zu trinken und nicht betrunken nach Hause zu kommen, gelang mir das sehr sehr selten, Der Alkohol war stärker als ich.