Eine Alkoholabhängigkeit kann
sich auch noch im höheren Alter entwickeln bzw. weiter
verfestigen. Wer trinkt, um körperliche Beschwerden zu lindern
oder negative Gefühle wie Trauer, Einsamkeit, Langeweile, Angst
etc. besser ertragen zu können, ist gefährdet.
Darüber hinaus belastet Alkohol
ganz allgemein den Organismus und mindert die geistige und
körperliche Leistungsfähigkeit. Das liegt u. a. daran, dass die
Nervenzellen allein zum Abbau des Alkohols rund 80 Prozent des
Zellsauerstoffes benötigen. Das ist umso schwerwiegender, da
die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff aufzunehmen, mit
zunehmendem Alter ohnehin zurückgeht. Eine Abnahme der
geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit kann also durch
Alkohol mit verursacht sein.
Das Erkennen von Alkoholproblemen bei älteren Menschen kann dadurch erschwert werden, dass es nicht gelingt zwischen altersbedingten Veränderungen und alkoholbedingten Folgeschäden zu unterscheiden. »Unspezifische« gesundheitliche Probleme und Störungen können, müssen aber nichtdurch Alkohol verursacht sein. Das gilt u. a. für viele psychische Störungen, wie innere Unruhe, allgemeine Ängstlichkeit, depressive Verstimmung, Schlafstörungen mit Alpträumen und Durchschlafschwierigkeiten, Schweißausbrüche und Konzentrationsstörungen.
Daten zum Alkoholgebrauch und -missbrauch im Alter
Repräsentative Erhebungen zum
Alkoholkonsum älterer Menschen in Deutschland werden selten
durchgeführt. Lediglich im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 wurde
auch der Alkoholkonsum für die höheren Altersgruppen erfragt.
Es zeigte sich, dass Alkoholkonsum ab dem 60. Lebensjahr bei
Männern und Frauen signifikant abnimmt. Dennoch haben in
Deutschland schätzungsweise 400.000 ältere Menschen ein
Alkoholproblem.
Auch das Vorkommen von
Alkoholkrankheit nimmt mit dem Alter ab. Dies ist unter anderem
darauf zurückzuführen, dass Alkoholkranke eine niedrigere
Lebenserwartung haben und daher seltener ein Alter von 65
Jahren erreichen als gesunde Menschen. Diejenigen, die trotz
Alkoholmissbrauch oder –abhängigkeit älter werden, sind oftmals
aufgrund von verminderter Alkoholtoleranz zur Reduktion des
Alkoholkonsums gezwungen oder verzichten auf Alkohol wegen
schwerer Folgekrankheiten (4. Bericht zur Lage der älteren
Generation 2002).
Die niedrigere Prävalenz von
Alkoholkrankheit im Vergleich zu früheren Lebensabschnitten
darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Problem
Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit im Alter zugenommen hat.
Während eine epidemiologische Studie von 1984 eine Häufigkeit
von 0,7 % eines „behandlungsbedürftigen Alkoholismus“ in der
Altersgruppe ab dem 65. Lebensjahr feststellt (Weyerer u.
Dilling 1984), beträgt die Prävalenz von Alkoholabhängigkeit
und -missbrauch bei den 70-Jährigen und älteren Anfang der 90er
Jahre schon 1,1 % (Helmchen et al. 1996). Heute schätzt man,
dass bei 2-3% der Männer und 0,5- 1% der Frauen über 65 Jahre
eine Alkoholabhängigkeit bzw. ein Alkoholmissbrauch vorliegt
(DHS 2006 a). Von ebenfalls großer Bedeutung ist der riskante
Alkoholkonsum.
15,4% der Menschen ab 60 Jahre
konsumieren Alkohol in riskanter Weise. Erschwerend kommt
hinzu, dass riskante Konsummuster eher beibehalten werden als
risikoarme.
Im Allgemeinen wird bei den älteren Menschen mit Alkoholproblemen unterschieden zwischen denjenigen, bei denen ein schädlicher oder abhängiger Konsum schon seit dem frühen oder mittleren Erwachsenenalter besteht und denjenigen, die erst im höheren Alter ein Alkoholproblem entwickeln. Meist werden für den späten Beginn einer Alkoholstörung kritische Lebensereignisse, die typischerweise mit dem höheren Lebensalter einhergehen, verantwortlich gemacht. Dazu gehören Verlust der Lebenspartner/-innen und der Übergang aus dem Berufsleben in die Berentung und damit verbundene Vereinsamung oder finanzielle Einbußen. Reduzierte soziale Kontakte begünstigen die Ausprägung einer Abhängigkeit.