Onlinemeeting der Anonymen Alkoholiker

Verena, meine Geschichte - Seite 2


Anfänglich war der Alkohol ja noch ein KUMPEL der zum Feiern dazugehörte, dann aber bald zum TRÖSTER aufstieg, wenn die Einsam- und Traurigkeit in mir hoch krochen. - Eine Jumpingliebe nahm ihren Anfang. Allein nur Tröster sein genügte dem Alkohol natürlich nicht, nein er war ein Draufgänger und Emporkömmling und stieg schnell zu einem verlässlichen FREUND auf. Er liess mich nie im Stich, wann immer ich ihn brauchte. Er umfing mich zärtlich und schmeichelte mit seinem Verstehen. Mein Gefühl nur noch von ihm verstanden zu werden wuchs, und ich machte ihn in kurzer Zeit zum meinem LIEBHABER UND VERTRAUTEN. Gab er mir denn nicht alles, wonach ich mich sehnte, verstanden und geliebt zu werden? Doch in meiner Blindheit vergass ich, dass der Liebhaber mein Denken und Urteilsvermögen veränderte. Es lässt sich vielleicht mit dem Jumpingspringen vergleichen, er seilte mich an, der Karabinerhaken klinkte ein und ich in meiner Naivität glaubte ihm, fühlte mich bei ihm sicher und aufgehoben. Er gab mir ja schlussendlich auch alles, wonach ich lechzte und er füllte meine Leere aus. Mit Hilfe dieses GELIEBTEN konnte ich die Einsamkeit in meiner Partnerschaft ertragen, lange Zeit. Solange, bis der unweigerliche Fall in die Tiefe folgen musste; ich im plötzlichen ungesicherten Jumping ins Nichts!

Im Nachhinein frage ich mich zum zweiten Mal: Wo war nur mein Verstand geblieben? War der bereits mit der Flasche von mir ertränkt? Es kam nach Jahren zur Scheidung die sehr schmerzlich war. Ich verlor den Prozess und verlor auch meinen geliebten Sohn.

Und dann nach 15 Jahren an einem Oktoberabend wieder in der Schweiz: Ich stand allein in der Küche und stellte wie üblich meine Weinflasche und den Grappa auf den Tisch, schenkte ein und trank. Dabei kam mir völlig unverhofft aber ganz konkret der realistische Gedanke:

DU MUSST ETWAS TUN, SO KANN UND DARF ES NICHT MEHR WEITERGEHEN!

Schon, aber wie? Davor war mir Himmelangst, weil ich keine Ahnung hatte wie ich vom Alkohol noch wegkommen sollte, und meine Meinung war, dass ich ohnehin nicht mehr zu retten war. Ich geriet in haltlose Panik, die Tränen liefen mir über die Wangen und in meiner Hilflosigkeit begann ich zu beten. Ich bat Gott aus vollem Herzen, mir weiterzuhelfen und mich vom Alkohol zu befreien.


Ich wusste weder ein noch aus.
Noch nie fühlte ich mich so leer.
Ich konnte nicht links,
Ich konnte nicht rechts,
Weder vor noch zurück.

Und Er griff ein, ohne zu zögern. Zwei Tage später rief mich eine Bekannte aus Deutschland an und wir plauderten wirklich nur über Gott und die Welt, bis sie mir voller Begeisterung erzählte, dass sie in AA-Meetings gehe. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal, dass sie Alkoholprobleme hatte – oder wollte ich es nicht wahrnehmen, um mehr Spielraum zu haben? Wie dem auch sei, es war eindeutig, dass Gott mir den Rettungsring zuwarf; und ich nahm ihn an, diesen Rettungsring.

Zwar ging ich das erste Mal mit Herzklopfen und viel Bammel zu den Anonymen und da durfte ich mit viel Geduld und in kleinen Schritten wieder lernen was es heisst:   L E B E N.

Die Bande sind gelöst. Es entsteht Raum. Ich durfte das Gefühl von Freiheit erfahren.

Wenn ich heute nach vielen 24 Stunden zurückschaue, so darf ich feststellen, dass Gott kein Ding unmöglich ist. Ich durfte frei werden durch ein ernst gemeintes Gebet, durch seine Führung, ohne Medikamente, ohne Arzt und ohne Therapie.

Seit jener Nacht vor nunmehr 25 Jahren brauche ich auch keine Schlaftabletten mehr.

Danke, danke.

Verena, froh, frei und wieder aufgestellt.