Onlinemeeting der Anonymen Alkoholiker

Mein Name ist Anja, Alkoholikerin - Seite 2


In meiner Saufzeit war ich nie Schuld, dass ich trinken musste, sondern die anderen, aber es hat mir zu der Zeit nie jemand die Flasche an den Hals gesetzt. Erst viel später musste/durfte ich erkennen, dass ich bis zu meinem 29. Lebensjahr nicht in der Lage gewesen bin, Verantwortung für mich, mein Handeln, mein Denken zu übernehmen. Und wenn etwas schief ging, dann waren es eben die anderen, die es versaut hatten.

Ich merkte schon, dass mit meinem Trinkverhalten etwas nicht stimmte und ich habe mich, um nicht aufzufallen, mich immer mehr zurückgezogen. Und je größer meine Einsamkeit wurde, desto mehr musste ich saufen. Wenn wir weggingen, habe ich in der Öffentlichkeit keinen Alkohol getrunken. Wohl aber vorher oder ich musste zwischendurch immer wieder mal heim, gucken ob mit den Kindern alles in Ordnung ist, um nachtanken zu können.

Es kam aber auch vor, dass ich mich zu sehr besoff und nicht mehr in der Lage war, wegzugehen. Da kam dann der Part meines Mannes, wo er immer wieder neue Krankheiten unserer Kinder erfand, um uns zu entschuldigen. Heute weiß ich, dass das und noch vieles andere zu seinem Teil der Familienkrankheit gehören.

In unserem Dorf war es ein offenes Geheimnis, dass ich saufe. Ich wusste auch nicht mehr viel, aber ich wusste immer noch genau, wann welche Verkäuferin an welchem Tag in welchem Geschäft arbeitet, um nicht zwei Mal hintereinander bei der Gleichen meinen Stoff zu kaufen. Und da ich den alleine ja nicht besorgen konnte, habe ich alle möglichen unnötigen Dinge gleich dazugekauft. Wir hatten Salz, Zucker, Waschpulver, Weichspüler und noch einiges mehr in rauen Mengen daheim.

Meine letzte Saufwoche begann an einem Sonntag Abend und endete an einem Freitag Vormittag. In dieser Zeit hat mein Mann mich bzw. meine Sauferei überhaupt nicht beachtet. In dieser Woche musste ich wirklich fast rund um die Uhr saufen. Schlafen war mir nicht möglich, denn ich hatte Entzugserscheinungen. Den Stoff hatte ich allerdings im Schlafzimmer genau neben meinem Bett "versteckt" und ich musste warten, bis mein Mann aufgestanden und im Bad war. Da habe ich mich mit letzter Kraft aus dem Bett gearbeitet, die (Schnapsflasche an den Hals gesetzt und bin wieder zurück ins Bett gehangelt. Und da habe ich erst mal gewartet, dass die Wirkung vom Alkohol einsetzt.

Mir hat das Zeug schon lange nicht mehr geschmeckt, aber ich musste es mit Widerwillen und Ekel in mich schütten. An dem besagten Freitag lag ich nach einer Flasche Wein und die vor 10 Uhr fix und fertig auf der Couch. Ich konnte nicht, ich hatte die Befürchtung, durchzudrehen. In meinem Kopf waren nur noch die Gedanken an Alkohol.