Onlinemeeting der Anonymen Alkoholiker

Ich bin Sylvio, Alkoholiker - Seite 2


Im Monat eine Flasche hochprozentigen, 2 Flaschen Wermut und 10 Flaschen Bier die Woche. Da habe ich gesammelt um mich abschießen zu können. Unsere ganze Klicke hat da gesammelt. Einmal im Monat war dann Party.

Verrückt war auch, wenn vor der kanadischen Küste oder bei Island, Versorgungsschiffe vorbei kamen. Die hatten Duty Free Shops an Bord. Da konnte man sich zum Seepreis eine Flasche kaufen. Mehr genehmigte der Kapitän unseres Schiffes nie. Das waren dann 1 Liter Flaschen. Wir kauften da immer Hansen Rum. Der hatte irgendwie 75 Umdrehungen. Wir haben in der Fischmehlanlage Brotwein angesetzt. Dazu wurde Brot ins Wasser gegeben und Zucker dazu gekippt. In der Fischmehlanlage stand es deshalb weil der Brotwein gestunken hat wie das Fischmehl, welches aus den Innereien der Fische gemacht wurde. Das hat so widerlich geschmeckt. Aber es hat besoffen gemacht. Nach dem zweiten Glas war es auch nicht mehr so eklig.
Ich habe Pitralon durch Brot laufen lassen, um ein paar Tropfen Alkohol daraus zu gewinnen. Pitralon ist Rasierwasser, 95% Alkoholgehalt oder so. Mit acht- neun Flaschen von dem Zeug und zwei Bier drauf, hatte man ganz schön einen in der Krone. Man musste nur diesen seifigen Geschmack vertragen.

Mein Wehrdienst bei der NVA war am Ende auch nur eine Katastrophe. Ich wurde etwa 3 Monate vor meiner Entlassung degradiert, da ich im Dienst gesoffen hatte. Ich war eben einmal im Dienst verschwunden. Ein versuchter Autoaufbruch kam auch noch dazu, das einzige Glück war, dass ich nicht erwischt wurde.

Der Punkt war aber immer der Gleiche. Alkohol musste so getrunken werden, bis der vollkommende Rausch eintrat. Vorher konnte ich nicht aufhören. Später bin ich in Hamburg auf ein Containerschiff aufgestiegen. Da fuhren wir von Hamburg über Arhus nach Göteborg weiter nach Oslo. Das Ganze wieder zurück über Bremerhaven nach Hamburg. Eine Woche dauerte so eine Tour. Saufen ging da nicht. Die Liegezeiten auf einem Containerschiff sind sehr kurz, meistens nicht länger als 3 Stunden. Von Juli bis heilig Abend im Jahre 1990 war ich auf diesem Schiff, ohne einmal an Land gewesen zu sein und vor allem, ohne einmal besoffen gewesen zu sein.

Heilig Abend sind wir zu dritt auf die Reeperbahn. Ich habe mich total besoffen. Mich mit irgendwelchen Nutten geprügelt und wachte im Zug nach Berlin wieder auf. Ich hatte meinen Seesack mit meinem ganzen Kram bei mir. Meine ganze Fresse war zerschlagen, wer's war? Keinen Plan. Wie ich in den Zug gekommen bin, weiß ich nicht. So stand ich mit kaputter Fresse, verkatert, am ersten Weihnachtsfeiertag, vor der Tür meiner Eltern. Das war das Ende meiner Seefahrerkarriere. Sicherlich wollte ich nicht mein ganzes Leben auf See verbringen, aber so'n Abgang? War schon peinlich.

Aber mir doch Wurst, die Arschlöcher sehe ich ja nie wieder! Ja, so dachte ich damals. Habe die ganzen Dinge mal aufgeschrieben um meine eigene Kaputtheit zu rekapitulieren. Vieles was ich gerade schreibe kommt gerade beim Schreiben hoch, es bestürzt mich immer wieder, wenn da diese alten Sachen beim Schreiben hochkommen, welche weiß Gott nicht lustig sind. Früher habe ich darüber gelacht, war doch lustig und diese Prozentangaben, Mann konnte ich einen Stiefel wegsaufen. Gedankenwelt verdreht, nenne ich das heute. Aber wie gesagt, eigentlich bin ich entsetzt, wenn ich das jetzt so lese, ich habe mir noch gar nicht so klar gemacht, wie tief ich selbst damals schon in der Scheiße saß und was ich damals noch als lustig und cool empfand, entlockt mir heute eher Ekel.